In der großen Welt der feinen Weine wird viel diskutiert: Eine besonders spannende, nicht immer zielführende Diskussion ist jene, die sich rund um das Dekantieren eines Weines dreht. Während es der eine als zwingend notwenig erachtet, den Wein „atmen“ zu lassen, empfindet es der andere einfach nur als schönes Ritual und genießt das Umgießen aus der Flasche in ein Dekantiergefäß (vorzugsweise eine optisch ansprechende Karaffe) in vollen Zügen – schon mehr als den anschließenden Genuss.
Grundlegend ist festzuhalten: Ob jemand seinen Rotwein gern dekaniert oder eben nicht – das ist jedem selbst überlassen. Zu empfehlen ist es immer dann, wenn ein Rotwein schon einen Bodensatz, das so genannte „Depot“, entwickelt hat, was heutzutage nur mehr jene Weine betrifft, die zu einer gewissen Entwicklung in der Flasche fähig sind oder Rotweine, die nur minimal oder gar nicht gefiltert werden. Ob ein Wein ein solches Depot aufweist, lässt sich sehr einfach feststellen: 24 Stunden vor dem Genuss sollte man den Wein aufrecht hinstellen und anschließend die Flasche vorsichtig vor eine Lichtquelle stellen, um den Boden der Flasche einzusehen. Das bereits angesprochene, aber höchst umstrittene Argument, das für ein Dekantieren des Weines spricht, ist das „Lüften“ des Weines, das „Atmenlassen“. Das Bouquet soll sich auf diese Weise besonders gut entfalten. Viele Experten halten diese Praktik für völlig unvertretbar, da sie davon ausgehen, je mehr Sauerstoff der Wein erhält, umso diffuser wird das Aroma und desto weniger ausgeprägt lassen sich die Geschmackseigenschaften wahrnehmen.
Eine gewisse Philosophie – oder fast schon Ideologie – gehört also zum Dekantieren dazu. Besondere Vorsicht ist jedoch bei sehr alten Weinen geboten (je nach Konzentration 20 bis 30 Jahre alt) – sie dürfen laut Professor Emile Peynaud, einer der Autoritäten in Sachen Wein (Die hohe Schule für Weinkenner, 1995), wenn überhaupt, erst kurz vor dem Servieren dekantiert werden.
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