Auch wenn Bordeaux die Mutter aller Weinkunst ist, hat Frankreich noch einiges mehr zu bieten als die Eleganz und Anmut, die einem altehrwürdigen Château entspringen. So gilt zum Beispiel das Languedoc als dynamischste Weinbauregion im mediterranen Teil Frankreichs, die moderne, einprägsame Cuvées in aller Munde bringt. Und es gibt Regionen wie die Côtes du Rhône, das Beaujolais, das Loire-Gebiet und natürlich das Burgund, die für eine sehr alte und beständige Weinbautradition stehen mit einer Vielfalt an bedeutenden Produzenten und edlen Tropfen zwischen angenehmer Preiswürdigkeit und (noch) leistbarer Extraklasse. Die drei letztgenannten dieser französischen Weinregionen möchten wir Ihnen heute etwas genauer vorstellen. Geographisch beginnen wir im Norden Frankreichs mit der Weinregion entlang der Loire.
Loire – Weißweingenuss aus dem Norden
Das Loire-Tal gehört mit dem Elsass und der Champagne zu den nördlichsten Weinbaugebieten Frankreichs. Es erstreckt sich über 1.000 Kilometer von der Loire-Mündung bei Nantes durch das Zentralmassiv bis zur Stadt Roanne, rund 100 Kilometer westlich von Lyon. Es gibt vier Unterregionen: Pays Nantais rund um Nantes, Anjou-Saumur, Touraine sowie Coeur de France. Jede dieser Unterregionen steht für bestimmte Weine: In Pays Nantais finden die Weine Muscadet und Muscadet de Sèvre et Maine – als Steigerungsform des Muscadet – ihren Ursprung. Diese Weine werden einer besonderen Art der Flaschenabfüllung unterzogen: der so genannten Tirage sur lie. Dabei füllt man den Wein nach Abschluss der Gärung und dem Absetzen der Hefe unfiltriert in die Flasche, was die Fülle und Frische des Weins bewahren soll. Anjou-Saumur ist bekannt für Roséweine aus Cabernet Franc und Schaumweine aus Chenin Blanc und Cabernet Franc. In Tourraine wird hauptsächlich Sauvignon Blanc kultiviert und Coeur de France steht für die bekannten Weine Sancerre und Pouilly Fumé, die ebenfalls aus Sauvignon Blanc bereitet werden. Aus dieser Region stammt auch unsere Weinempfehlung: der Sancerre Blanc Chavignol 2018. Dieser feine und sehr fruchtige Sauvignon Blanc ist eine unserer Neuentdeckungen aus der Region Loire und besticht durch seine Frische und kühle Mineralik. Er stammt von der Domaine Paul Thomas, die mittlerweile von Pauls Sohn Raphaël geführt wird. Die Domaine mit neun Hektar Weinbergen liegt am Abhang des Mont Damnés in Chavignol. Dort nutzt das Team rund um Raphaël Thomas die geologischen Gegebenheiten. Denn die Böden sind geprägt durch die sedimentäre Ablagerung von marinem Ton aus der Jura-Zeit, was den Weinen eine besondere Mineralik verleiht. Die Weinberge können hier aufgrund ihrer steilen Neigung nur per Hand bearbeitet werden. So muss zum Beispiel bei der Ernte jeder einzelne Korb den steilen Hang hinuntergetragen werden. Ein herausfordernder Aufwand, der sich aber lohnt – vor allem für den Liebhaber feiner Weißweine!
Beaujolais – Im Reich der Gamay-Rebe
Geographisch gesehen ist das Beaujolais ein Teil des Burgunds, wird aber wegen seiner besonderen klimatischen Gegebenheiten als eigene Weinbauregion betrachtet. Das südliche Beaujolais liegt in einer wunderschönen Hügellandschaft auf einer Höhe von rund 350 bis 400 Metern. Die Böden sind sehr karg und trocknen schnell aus. Im Westen werden die Weinberge von einer Hügelkette mit einer Höhe von bis zu 800 Metern vor stärkeren Niederschlägen geschützt. Das nördliche Beaujolais ist gekennzeichnet durch höhere Hügel und bessere Böden. Aus diesem Gebiet, dessen Grenze die Stadt Villefranche sur Saône bildet, stammen die besonders hochwertigen Weine des Beaujolais. Die gesamte Region ist hauptsächlich einer Rebsorte verschrieben: der Gamay. Im Burgund nicht zugelassen, hat sie hier eine besondere Heimat gefunden, in der sie zur Perfektion gedeiht. Bereitet werden aus ihr Rotweine, die man nach drei Appellationen einteilt:
Beaujolais: Diese leichten, fruchtigen Weine machen knapp die Hälfte der Gesamtproduktion aus. Ihren Ursprung nehmen sie in den Weinbergen des südlichen Beaujolais.
Beaujolais Villages: Die Weine besitzen aufgrund der Granitböden im nördlichen Teil des Beaujolais mehr Charakter, Eleganz und Tiefe.
Cru du Beaujolais: Am nördlichen Rand des Beaujolais Villages gibt es zehn Gemeinden mit besonders hochwertigen Lagen. Von hier stammten die zehn Crus (Gewächse) du Beaujolais. Sie machen insgesamt ein Viertel der Gesamtfläche aus, durch die strengeren Anbaubestimmungen aber weniger als 20 % der Produktion.
Auch wenn Georges Duboeuf nach wie vor als der bekannteste Beaujolais-Produzent gilt, möchten wir Ihnen als Weinempfehlung eine andere Domaine und ihren großartigen Saint Amour 2018 an Herz und Gaumen legen. Die Domaine de Bel-Air liegt seit 1840 über der Stadt Beaujeu, der historischen Hauptstadt des Beaujolais im Burgund. Seit den 1990er Jahren führt Jean-Marc Lafont die Geschicke der Domaine. Das vom Vater erlernte Handwerk und seine Passion für die Region, das Weingut und die Weine machen ihn zu einem wahrhaft großen Weinkreateur, der hervorragende Gamay-Weine mit Charme und modernem Charakter bereitet. Die fruchtigen Weine spiegeln – jeder für sich anders und einzigartig – das besondere Terroir des Beaujolais und seiner Unterregionen wider. Ein besonders charmantes Exemplar der Bel-Air-Kollektion ist der Saint-Amour. Ein rubinroter raffinierter Wein, der den Weinfreund allein schon durch seinen Duft nach Pfingstrosen, Himbeeren und Kirschen verzaubert.
Burgund – Magische Weinregion mit alter Geschichte
Burgund ist für jeden Weinfreund ein magisches Wort. Es suggeriert Weine voller Charme, samtiger Fülle, Eleganz und tiefer Frucht. Gute Burgunder mit einem fairen Preis-Leistungs-Verhältnis sind aber leider schwer zu finden, denn sie sind rar gesät. Nur die besten Produzenten verstehen die Kunst und haben die Gabe, diese speziellen Weine hervorzubringen. Sie zu entdecken und zu ergründen ist eine anspruchsvolle Aufgabe und beglückende Erfahrung für den Weinhändler und jeden Weinfreund.
Im Burgund befinden sich einige der berühmtesten Weinberge der Welt. Das Besondere neben ihrem bemerkenswerten Potential ist die Aufteilung vieler Weinlagen in Kleinstparzellen. Die Qualität kann daher auch innerhalb einer Lage sehr stark variieren. Neben der roten Sorte Pinot Noir ist es die Weißweinsorte Chardonnay, die mit ihrer außerordentlichen Qualität der Region ihren weltweiten Ruf als Weinwunderland eingebracht hat. Das Burgund ist in Unterregionen unterteilt und umfasst die Côte d’Or, unterteilt in die Côte de Beaune und die Côte de Nuits, weiters die Côte Chalonnaise und Maconnais im Süden und das Chablis als abgetrennte Region im Norden, wo ausschließlich Weißweine erzeugt werden.
Die Ursprünge des Weinanbaus im Burgund reichen bis zu den Kelten zurück. Einen besonderen Aufschwung erlebte die Region dann im Mittelalter, als sich zahlreiche Klöster nicht nur dem Gebet, sondern auch dem Weinbau widmeten. Doch im Laufe der Zeit schwächte die Monarchie die Kirche und man bewirtschaftete die Weinberge kaum. In den 1930ern unternahm man dann mit einer Qualitätsoffensive einen gelungenen Neustart. Daraus ist die bis heute geltende Klassifikation entstanden, die für alle der rund 200 Appellationen im Burgund gültig ist:
Appellations Régionales: Die Hälfte der Weindörfer des Burgund haben kein Recht auf einen Dorfnamen und kommen unter der Bezeichnung der Region, wie beispielsweise „Côte de Beaune Villages“ bzw. einfach als „Bourgogne rouge“ oder „Pinot Bourgogne“ in den Verkauf.
Appellations Villages: 38 % der Weinproduktion werden unter dem Namen der Gemeinde vermarktet (z.B. Côtes de Beaune). Lagenangaben von nicht in der Klassifizierung erfassten Crus dürfen auf dem Etikett erwähnt werden, sofern sie in einem kleineren Schriftzug aufscheinen.
Premier Cru: Knapp 10 % der Produktion werden als Premier Cru auf den Markt gebracht. Neben dem Ortsnamen wird entweder die einzelne Lage angeführt oder die einzelne Premier Cru-Lage mit dem Zusatz „Premier Cru“: z.B. Beaune Vignes Franches 1er Cru oder Beaune 1er Cru.
Grand Cru: Umfasst etwas mehr als 1 % der Gesamtproduktion. Hier wird in einer eigenen Appellation Contrôlée der genau abgegrenzte Lagenname mit dem Zusatz „Grand Cru“ auf dem Etikett angeführt. Die 29 Lagennamen sind das Kennzeichen und der Garant für höchste burgundische Qualität.
Das älteste Weinhandelshaus im Burgund ist Louis Latour. Die Domaine befindet sich bis heute in Familienbesitz und wird bereits von der 7. Generation geführt. Louis Latour verfügt über fast 50 Hektar Rebflächen, vor allem in der Appellation Aloxe Corton, aber auch in Chambertin und Romanée Saint Vincent. Davon sind unglaubliche 27 Hektar Grand-Cru-Lagen, was Latour zum Besitzer der meisten Grand-Cru-Lagen im Burgund macht. Aus diesem Traditionshaus stammt auch unsere Weinempfehlung: der Bourgogne Rouge “Cuvée Latour” 2018. Eine Selektion verschiedener Lagen, ehrlich, typisch, lebhaft, elegant. Und der perfekte Abschluss für unseren Blogausflug in Frankreichs fantastische Vielfalt.